In der Mitte vom Reich der Mitte
Hallo zusammen,
sind mittlerweile seit 3 Wochen in Sichuan, einer 90 Millionen Einwohner Provinz im Zentrum Chinas.
Die Hauptstadt der Provinz, Chengdu, mit seinen 10 Millionen Einwohner befindet sich auf 500 Meter Hoehe, jedoch der westliche Teil des Bundesstaates geht bereits in das tibetische Hochplateau ueber. Hoechster Berg Sichuans ist der 7556 Meter hohe Gongga Shan.
Nordsichuan
Das erste Ziel im von Tibetern besiedelten Norden Sichuans war der Juizhaigou Nationalpark, beruehmt vor allem fuer seine verschieden farbigen Seen und die wunderschoene Berg- und Waldlandschaft.
Zwei Tage wanderten wir durch herrlich herbstlich gefaerbte Waelder und verbrachten die Nacht in einem tibetischen Dorf. Zum Fruehstueck gab's Suyou Tee: Tee, Yakbutter, Ei, Erd- und Walnuesse und Sonnenblumenkerne. Mag ja eine Energiequelle sein (wie von Tibetern hervorgehoben), aber schmeckt eher... na ja, gewoehnungsbeduerftig...
Hier ein paar Eindruecke der Herbstwanderung:
... und ploetzlich, wie aus dem nichts, taucht aus diesem gruen-blauen verwunschenen See dieses Wesen auf!
Folgendes Bild hat uns sehr zum Nachdenken angeregt. Was will es uns sagen?
Nach langem Ueberlegen haben wir folgende Weisheit erlangt:
Aus jedem noch so grossen Mist erwaechst etwas Gutes.
Dieses Bild begruendet eine neue Schule der Exkrementenphilosophie...
Dann schwangen wir uns wieder auf unsere Raeder und genossen die traumhafte Berglandschaft.
Nach 3 Monaten war es dann soweit:
Wir trafen zum ersten Mal andere Radreisende auf der Strasse. Zu unserer grossen Ueberraschung waren es auch noch Chinesen!
Vom Ausgangspunkt auf 1900 m fuehrte unser Weg stets nach oben. Die duennere Luft machte uns weniger Probleme, dafuer aber die zunehmende Kaelte. So musste man zwischendurch schon mal stehenbleiben, um seine Eisklotz-Zehen warmzureiben.
Nach insgesamt 80 langen Kilometern bergauf knackten wir schliesslich die 4000 m Grenze und wurden durch diese fantastische Aussicht belohnt:
Geschafft!
Auf unseren 400 km kamen wir neben solchen Landschaften zufaellig auch durch Gegenden, die von Naturgewalten zerstoert wurden. Im Mai diesen Jahres fielen einem gewaltigen Erdbeben der Staerke 7,9 mehr als 70.000 Menschen zum Opfer. Millionen wurden obdachlos und wohnen seitdem in Zelten, wo einst Haeuser standen.
Da die Gegend sehr bergig ist, loeste das Erdbeben unzaehlige Erdrutsche aus, durch die auch etliche Strassen in Mitleidenschaft gezogen wurden. Die Doerfer, groesstenteils in Taelern gelegen, waren somit von der Aussenwelt abgeschnitten, was die Bergung und Versorgung zusaetzlich erschwerte.
In und um Chengdu
Seitdem schlugen wir unsere Zelte in der Hauptstadt Chengdu aus und machten von dort aus kleinere Unternehmungen.
Einfuehrung in die Kuenste der Kueche Sichuans
5 Gerichte haben die beiden Chefs aus dem Wok gezaubert.
Besonderes Gewuerz Sichuans ist der nach der Provinz benannte Sichuan-Pfeffer. Witziger Nebeneffekt des ausgesprochen schmackhaften Gewuerzes: es macht den Mund taub. Bei groesserem Verzehr koennte man durchaus eine Zahnwurzelbehandlung durchfuehren....
Der heilige Berg Emei Shan
Der 3099 m hohe Emei Shan ist einer der vier heiligen Berge des Buddhismus. Zwei Tage wanderten wir durch die ueppig-gruene Vegetation und kamen dabei immer wieder an Kloestern vorbei, die uns neben Speis und Trank auch ein Bett fuer die Nacht zur Verfuegung stellten.
Sichuan-Oper
Ein weiteres Highlight war der Besuch einer Oper, die vielmehr eine Aneinanderreihung einzelner Auftritte von Kuenstlern war, die durch Witz, Geschick und Gesang brillierten.
Panda Forschungszentrum
China ist die letzte Heimat des Grossen Pandabaeren.
Hier trafen wir die goldigen Kreaturen beim gemuetlichen Bambus-Brunch an...
Was treibt die Maus im Badehaus?
Nach den vielen Anstrengungen der letzten Wochen (oder gar Monate!) hatten wir uns eine Erholung mehr als verdient. Noch dazu wenn man Geburtstag hat! Gruende genug, um ein chinesische Badhaus aufzusuchen!
Wenn man sich einmal daran gewoehnt hat, nackt herumzulaufen, kann man die ganzen Whirlpools und Saunen richtig geniessen und sich anschliessend im bequemen Sessel Tee servieren lassen. Unser Geburtstagskind hat sich zur Feier des Tages sogar ein Eis aussuchen duerfen...
An dieser Stelle ein herzliches Dankeschoen an alle Gratulanten!
Leider kann ich nicht allen antworten, also bitte nicht beleidigt sein;)
Eines Abends kam Buggo uebel zugerichtet nach Hause. Entgegen Barnis Vermutung, dass er in eine Schlaegerei verwickelt war, stellte sich raus, dass eine "professionelle" chinesische Massage Grund fuer diese Blessuren war...
Das chinesische Pendant zum Biergarten ist der Teegarten. Statt einer Mass Hellem gibt's hier ein Taesschen Gruentee und statt Brezen Erdnuesse oder Sonnenblumenkerne.
Die Leute sitzen hier oft den ganzen Tag und spielen Karten, ratschen, stricken, schlafen...
... oder nehmen sich ein gutes Buch zur Hand.
Auch das Nachtleben kommt nicht zu kurz; unsere Stammkneipe hier in Chengdu ist die Reggaebar Jah, wo man immer lustige Leute fuer Trinkspiele trifft...
... oder in den Genuss von Rock'n'Roll Livemusik kommt.
Wusstet ihr schon?
- In dem riesigen Land China gibt es nur eine Zeitzone, die Peking-Zeit. Waehrend zum Beispiel an der Ostkueste die Sonne um 6 Uhr aufgeht, ist es im 4000 km entfernten Westen noch bis 9 Uhr oder 10 Uhr dunkel, dafuer aber im Sommer bis Mitternacht hell.
- Eine Lieblingsbeschaeftigung der Chinesen ist es, sich gegenseitig im Hochziehen und Ausspucken von Schleim zu ueberbieten. Selbst junge, zarte Damen nehmen an diesem Wettkampf teil. Man muss auf chinesischen Strassen daher gut aufpassen, nicht in das Visier dieser schleimigen Geschosse zu geraten...
- Eine Spezialitaet Chinas sind sogenannte "Tausendjaehrige Eier". Ihr Name kommt daher, dass sie fuer einige Monate in Asche und Stroh in einem Loch vor sich hingammeln - so zumindest schauen sie danach aus: schwarz, glibbrig bis durchsichtig mit gruenem Dotter. Hhmm....
- Noch ein Tip fuer alle zukuenftigen China-Reisenden: Huetet euch davor, euch von eurem chinesischen Gegenueber mit "Tschuess" zu verabschieden. Dieses Wort gibt es naemlich als Ausdruck auch im Chinesischen und heisst, so hat es uns eine junge Chinesin in englisch erklaert: "Go to death!"
- Zu guter Letzt ein dringender Warnhinweis: In China waechst die Tarowurzel, von Barni auch als "Todeswurzel" bezeichnet. Ihr einziger Zweck liegt darin, Menschen durch ihren unertraeglich widerwaertigen Geschmack ins Reich des Todes zu befoerden. Schmecken tut die ihm Sueden gerne gegessene Wurzel ungefaehr so wie eine Tonne verfaulter Fisch konzentriert auf einen Zentimeter Wurzel.
Diese Tage bereiten wir uns auf die bevorstehende Tour durch Tibet vor, die voraussichtlich schon am Wochenende losgeht und eine Woche dauern wird. Enden wird die Tour in Nepal, wo wir hoffentlich den verlorenen Sohn Martin S. wiederfinden. Von dort melden wir uns auch das naechste Mal.
Schoene Gruesse an alle und schaut doch auch wieder ins Fotoalbum!
Buggo & Barni
P.S. an Petra G.: In ca. 2 Wochen sind wir in Pokhara und besuchen dort dein Patenkind.